Status Quo zum Ehrenamt in Deutschland – Teil 2: Umwelt- und Gesundheitsbewusstsein, Freizeit- und Konsumverhalten von Ehrenamtlichen

Nachdem wir im ersten Teil einen Blick auf ehrenamtliche Beteiligung in der Gesellschaft sowie nach Bildungs- und Berufshintergrund geworfen haben, betrachten wir in diesem Teil die Engagement-Verteilung nach Interessen und Gesellschaftsbewusstsein.

Umwelt- und Gesundheitsbewusstsein

Laut einer Studie von der Verbrauchs- und Medienanalyse legt ein Großteil der ehrenamtlich aktiven Bevölkerungsgruppe großen Wert auf Umwelt- und Naturschutz. So ist bei Menschen mit Interesse an artgerechter Tierhaltung beim Fleischkonsum, regionalen Lebensmitteln oder Bio-Produkten ein überdurchschnittlich hohes Ehrenamt im Vgl. zur Größe ihrer Bevölkerungsgruppe zu erkennen. Bürger, bei denen die obengenannten Themenfelder eine kleinere Rolle spielen, engagieren sich dagegen unterdurchschnittlich viel. Das zeigt, dass umwelt- und naturbewusste Menschen sich nicht nur für diese kritischen Themen interessieren, sondern auch ihre Lebensstile darauf ausrichten und versuchen, ihren Beitrag in Alltagsaktivitäten einzubauen. Darüber hinaus leisten sie durch soziales Engagement einen zusätzlichen Beitrag für gemeinnützige Zwecke.

1 Umwelt- und gesundheitsbewusste Bürger drücken leisten ihren positiven Beitrag sowohl durch ihr Alltagsverhalten, als auch ihr Engagement.

Nun ist der Konsum von regionalen Produkten aktuell meistens jedoch kostspieliger als von importierten, industriell gefertigten Waren und für den Großteil der Gesellschaft finanziell nicht tragbar. Nichtsdestotrotz kann man sich auch für die Themen Umweltschutz und Gesundheit interessieren und engagieren, ohne sein Konsumverhalten darauf auszurichten. Es bleibt die Möglichkeit, mit kleinen Veränderungen im Lebensstil einen Teil beizutragen und auch bei gemeinnützigen Organisationen anzupacken, die sich für eine nachhaltige Welt stark machen. Das können sowohl Tierschutzaktion, Clean-Ups, Urban Gardening oder auch ein plastikfreier Lebensstil sein – hierzu wird es bald einen Blog-Beitrag mit Ideen zum Engagement aus der Reihe „einfach helfen“ geben.

Eine ähnliche Korrelation zwischen höherem Umweltbewusstsein und aktiverem freiwilligem Engagement erkennt man übrigens auch, wenn man das Interesse an erneuerbaren Energien sowie der Teilungsbereitschaft zur Förderung der Nachhaltigkeit betrachtet.

Konsumverhalten

Kunden von Fast-Fashion Anbietern haben neben den modernen Designs nicht selten auch den Preis als ausschlaggebendes Kaufargument. Das Thema nachhaltige Produktion wurde von diesen Ketten lange Zeit eher sekundär beworben und spielte selten eine vordergründige Rolle. Das macht sich auch in der ehrenamtlichen Aktivität der Kundengruppe dieser Anbieter bemerkbar – Kunden von eher preiswerteren Modeartikeln engagieren sich in der Regel unterdurchschnittlich stark im Vgl. zur Größe ihrer BEvölkerungsgruppe. Konsumenten von Marken, die schon lange vor dem „Conscious Trend“ mit Nachhaltigkeit warben, engagieren sich hingegen überdurchschnittlich viel. Das zeigt erneut, dass das Interesse an Nachhaltigkeit sich nicht nur in Konsumverhalten, sondern auch im sozialen Engagement wiederspiegelt. Auch hier ist anzuführen, dass man sein Interesse am Thema Umweltschutz / Fair Trade auch durch Aktivitäten in gemeinnützigen Organisationen oder durch minimale Änderungen im Lebensstil ausdrücken kann, ohne ein kostspieligeres Konsumverhalten anzunehmen.  Erfreulicherweise ist hinzuzufügen, dass seit einigen Jahren auch im Fast-Fashion Bereich eine Priorisierung des Themas Nachhaltigkeit zu erkennen ist – dies macht „grünere“ Produkte auch für eine breitere Masse preislich zugänglicher.

Ein ähnliches Bild erkennen wir, wenn wir die Verteilung in Bezug auf Supermärkte betrachten. Kunden von Supermärkten, die in der Regel u.a. ein Obst-/Gemüsesortiment mit regionalen Produkten führen, engagieren sich überdurchschnittlich viel. Auch das kann wieder in Zusammenhang mit dem vorhandenen Umweltbewusstsein gesetzt werden. Wie auch im ersten Absatz beschrieben, heißt dies aber nicht, dass nicht-Kunden solcher Geschäfte sich weniger engagieren können, nur, weil das Konsumverhalten nicht kongruent zur Umwelteinstellung ist. Die Aktivität in Themen zur Umwelt und Nachhaltigkeit ist unabhängig dazu und sollte verfolgt werden, auch wenn ein bestimmter Konsumlifestyle nicht gelebt werden kann.

 

Freizeitverhalten – Vereinsmitgliedschaft und hobbygruppen

Wenn wir uns die Ehrenamt-Quote in Relation zur Vereinsmitgliedschaft anschauen, erkennen wir, dass Vereinsmitglieder sich überdurchschnittlich stark engagieren. Sehr stark überdurchschnittlich helfen Mitglieder von Sportvereinen, religiösen Einrichtungen oder Hilfsorganisationen. Auch Mitglieder in Nachbarschaftshilfen, politischen Parteien oder Fördervereinen engagieren sich im Vgl. zu ihrem Anteil an der Bevölkerung sehr intensiv. Allerdings ist ein Großteil der Gesellschaft nicht in Vereinen aktiv und gerade in dieser Gruppe wird sich kaum bzw. gar nicht ehrenamtlich engagiert.

Wahrscheinlich erkennen vereinsaktive Bürger, dass viele Vereine nur durch Freiwilligenhilfe funktionieren können – ihr Verbundenheitsgefühl mit dem Verein führt dann schließlich dazu, dass sie sich ebenfalls engagieren und diese Institutionen mittragen. Allerdings kann man sich auch für gemeinnützige Zwecke engagieren, ohne Mitglied in einem Verein zu sein. Das erfordert allerdings von Organisationen und Vereinen, die Eintrittsbarriere auch für nicht-Mitglieder zu senken und den Zugang zu ehrenamtlicher Hilfe zu ermöglichen. Vor allem flexible und nicht langfristig-gebundene Angebote können hier attraktiv sein. Natürlich sind längerfristige Mitgliedschaften präferiert, da damit oft eine Verpflichtung und ein Zugehörigkeitsgefühl geschaffen wird und regelmäßige Aktivitäten sowie Mitgliedsbeiträge gesichert werden. Allerdings besteht aktuell viel Potenzial auf der Seite der Helfenden, was noch nicht genutzt wird. Mit diesen Helfern könnten Vereine und Organisationen deutlich schnellere Fortschritte in ihren Vorhaben erzielen. Eine Alternative zum Mitgliedsbeitrag für diese neue Gruppe von nicht-Mitgliedern könnten freiwillige Spenden sein. Falls ihr eine Organisation seid und mit uns diskutieren wollt, wie ihr am besten attraktive und kurzfristige Angebote schaffen könnt, meldet euch gerne über das Formular bei uns.

2 Vereinsmitglieder zeigen durch ihren Zugang zu Organisationen und gemeinsamen Zielen erhöhte ehrenamtliche Aktivität.

Beobachtet man übrigens die Engagement-Quote nach der Anteilnahme an Stammtischen oder Hobbygruppen, ist ein ähnliches Bild zu erkennen. Menschen, die sich regelmäßig in Gruppen treffen, sind im Schnitt engagierter. Das kann damit erklärt werden, dass die Identifikation mit einem bestimmten Thema und das Teilen der Begeisterung für dieses mit Mitmenschen dazu führt, dass Menschen sich zugehörig fühlen und sich gemeinsam an etwas beteiligen wollen.

Freizeitverhalten – Lesen

Bei der Frage nach der Häufigkeit des Lesens von Büchern / Zeitungen und des ehrenamtlichen Engagements dieser Menschen gab es bemerkenswerte Ergebnisse. So ist vor allem bei Menschen, die in ihrer Freizeit mehrmals in der Woche lesen, ein stark überdurchschnittliches Engagement zu verzeichnen. Ein ähnliches, aber etwas schwächeres Verhältnis im Vgl. zu Größe der Bevölkerungsgruppe ist bei Bürgern zu erkennen, die mehrmals im Monat lesen. Dagegen ist bei Menschen, die kaum (seltener als 1x/Monat oder nie) lesen, eine deutlich schwächere Aktivität in Ehrenamt zu erkennen. Das könnte damit in Zusammenhang stehen, dass durch die Informationsaufnahme beim Lesen auch ein stärkeres Bewusstsein für diverse Themen und Problembereiche geschafften wird. Dieses Bewusstsein führt dann dazu, dass der Leser sich weiter über die Themen informiert und idealerweise ehrenamtlich aktiv wird. Außerdem finden Leser Inspiration bei gemeinnützigen Organisationen und sozial Engagierten Menschen, über welche in Büchern und Zeitungen berichtet wird – auch das motiviert zu verstärktem sozialen Aktivismus.

3 Belesene und informierte Bürger tendieren dazu, sich aufgrund ihres Bewusstseins für gesellschaftliche Probleme stärker für gemeinnützige Zwecke zu engagieren.

Wie kann man es schaffen, auch bei der Bevölkerungsgruppe das Ehrenamt zu stärken, die nicht regelmäßig Bücher oder Zeitungen lesen? Um nun auch bei diesen Bürgern das Bewusstsein für Ehrenamt zu schaffen, müssen Organisationen sich aktiver auf alternativen Medien präsentieren und auf gesellschaftliche Probleme sowie Möglichkeiten zum Engagement aufmerksam machen. Wir empfehlen, eine Multi-Channel Strategie zu verfolgen und die Bevölkerung auf möglichst vielen Kanälen zu informieren und zu sozialem Engagement zu inspirieren.

 

Zum letzten Punkt können wir alle beitragen. Wir können im Freundes-/ Kollegen-/Familienkreis von gesellschaftliche Problemen erzählen und darauf aufmerksam machen, dass sich jeder in der Lösung dieser Probleme einbringen kann. Tretet in Kontakt mit gemeinnützigen Organisationen, erzählt von euren ehrenamtlichen Aktivitäten und animiert euer Umfeld, euch zu begleiten. Wir haben in den letzten Jahren bemerkt, dass viele Organisationen auch auf sozialen Medien unterwegs sind – teilt daher ihre Posts und fragt, wie ihr euch engagieren könnt. An die Organisationen können wir die Empfehlung abgeben, sich auch die Bedürfnisse der heutigen on-demand Gesellschaft zu orientieren und einmalige / kurzfristige Angebote zu schaffen.

Teilt auch diesen Artikel, um über die aktuelle Situation zu informieren – weist gerne auch auf den Blog hin. Auf diesem werden wir zeigen, wie sich jeder, unabhängig von Standort / demografischer Gruppe / Interesse oder Verfügbarkeit, engagieren kann. Hier könnt ihr zum Beispiel den ersten Artikel zum Blutspenden lesen.

 

Es ist zu erkennen, dass im Allgemeinen bereits schon viel geholfen wird – unabhängig von den Interessengebieten oder der Freizeutgestaltung der Menschen. Allerdings lassen sich Korrelationen zwischen sozialem Engagement und Lebenstil erkennen. Einige Bevölkerungsgruppen zeigen noch Potenzial auf, die ehrenamtliche Aktivität der jeweiligen Bürger zu aktivieren bzw. zu verstärken. Dies können wir durch folgende Aktivitäten erreichen:

  • Intensivere Abdeckung diverser Kommunikationskanäle (v.a. Social Media), um auch Menschen über gesellschaftliche Misstände zu informieren, die keine Printmedien konsumieren
  • Deutlich machen, dass man sein Interesse für soziale Themen auch durch ehrenamtliche Aktivitäten ausdrücken kann und eine Anpassung an einen aufwändigeren / teureren Lifestyle dafür nicht notwendig ist
  • Schaffen von vielseitigen und flexiblen Angeboten zum Ehrenamt, die entkoppelt von Mitgliedschaften und zeitlichen/finanziellen Verpflichtungen sind

 

Abschließend ist zu diesem Blog-Zweiteiler zu sagen, dass es noch viel Potenzial zur Steigerung des sozialen Engagements gibt – Schlüsselfaktoren für die Aktivierung dieses Potenzials sind die Anpassung des aktuellen Ehrenamt-Angebotes durch gemeinnützige Organisationen an die heutige on-demand Gesellschaft sowie die verstärkte und zeitgemäße Kommunikation auf diversen Kanälen, um möglichst viele Menschen über Probleme und Mitmach-Möglichkeiten zu informieren.

 

Weitere Beiträge findet ihr in unserem Blog.

 

Quellen und Links zum Nachlesen

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